Modelabel blame - Zeitgeist neu verpackt ++
Blame it on the weatherman - Nach einem kühlen und verregneten Juli haben wir schon fast mit diesem Sommer abgeschlossen. Aber warum einer Saison hinterher trauern, wenn wir schon einen Vorgeschmack auf den Sommer 2012 bekommen können. Deshalb geben wir uns gar nicht mehr mit ollen Kamellen ab und schauen uns an, wie sich das Berliner Newcomerlabel blame die rosig sommerliche Zukunft vorstellt.
Im Falle von Sonja und Sarah sind wir umso neugieriger, denn der Werdegang ehemaliger Kommilitoninnen interessiert uns natürlich sehr. Wer macht was aus seiner Ausbildung und Vision und wohin führt ein Weg, der einmal vom gleichen Punkt aus gestartet ist?
Er macht zumindest irgendwann einmal Zwischenstopp in Berlin. Die einen gründen ein Modelabel und die anderen schreiben darüber.
Newcomer und trotzdem alte Hasen in der Branche
Marc Jacobs, Preen, Hugo Boss, Michalsky – Erfahrungen bei renommierten Labels haben die beiden nach dem Studium aufgesogen wie ein Schwamm. Denn große Namen versprechen einen großen Schatz an Eindrücken und Erlebnissen und diese müssen dann früher oder später für sich selbst genutzt werden. Aber es braucht Zeit und Erfahrung, um eine klare Linie zu entwickeln und darauf eine Kollektion aufbauen zu können, die rundum stimmig ist und ein Statement abgibt. Im Ausland lernten sie zum Beispiel, viel kreativer an eine Kollektion heranzugehen. Dort steht der eigene Stil der Marke mehr im Fokus als irgendein Trend. Die Entwurfsphase ist freier und genau das möchten Sarah und Sonja nun auch für ihr Label blame nutzen, das schließlich 2010 gegründet wurde.
Die Kollektion Frühling/Sommer 2012 in nun die erste richtige Kollektion, die auch einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt wird. So konnten wir während der Fashion Week im Juli die besonderen Stücke auf der PREMIUM befühlen. 2 kleinere blame Serien wurden als Testläufe bereits in den beiden vorangegangenen Saisons im exklusiveren Kreis gezeigt und sogleich von ausländischen Shops geordert. Deshalb ist die Ausrichtung auch bewusst international.
Da Sonja und Sarah persönlich auch eher auf klassische Mode, als auf zu trendige Eintagsfliegen stehen, spiegelt sich dies auch in ihrer Arbeit wider. Keine Exzentrik, keine Kunst, sondern tragbare Mode. Darauf kommt es ihnen an. Die ist aber immer noch so speziell, dass sie sich abhebt. Versteckt sind immer wieder kleine Besonderheiten, die auf den ersten Blick nicht unbedingt offensichtlich sind: sei es ein kleines Detail im Schnitt, in der Verarbeitung oder der Einsatz ungewöhnlicher Materialien.
Der Stil bleibt dabei sehr klar, ohne jedoch unaufgeregt oder zu puristisch zu sein. Jedes Einzelteil hat etwas Besonderes - Details, wie kleine abnehmbare Krägen und unerwartete Farbkombinationen und grafische Drucke. Einzelteil ist auch genau das Stichwort. Sie sollen zu zeitlosen Lieblingsteilen werden und sich im Outfit mit günstigen kommerziellen Teilen bestens verstehen. Eher untypisch für deutsches Modedesign, das weitaus puristischer angelegt ist oder sich einem unterkühlten Look verschreibt. Doch genau dieser komplexere Weg macht den Reiz bei blame aus und hebt die Kollektionen von anderen ab.
Stil kommt immer vor Trend
Denn Kollektionen die begeistern sind immer die, die sich von anderen abgrenzen und einen eigenen Stil verfolgen. Gelangweilt werden wir oft genug, wenn uns unterschiedliche Anbieter auf der gleichen Fläche ein und dasselbe Farbthema oder sogar dieselben Styles anbieten. Das mag vielleicht für die breite Masse funktionieren, aber nicht für den Markt, in dem sich blame sieht. So wissen die beiden, dass es zwar essentiell ist, den Zeitgeist zu treffen und natürlich auch auf Wünsche der Endverbraucher einzugehen, aber Stil immer vor Trend kommt. Dieser muss bei einem Newcomerlabel klar erkennbar konsequent und vor allem individuell sein.
Wie also funktioniert blame?
Bei keinem Teil hat man das Gefühl, als hätte man eine Version davon vorher schon irgendwo einmal gesehen. In der Inspirationsphase werden Modemagazine bei Sarah und Sonja nämlich zuerst einmal kategorisch ignoriert. Die eigene Gedankenwelt soll nicht durch fremd gesteuerte Modetrends beeinflusst werden.
Dann beginnt der Austausch und das Stöbern. Bilder werden in Archiven gesucht oder es wird in Vintageläden gegraben. Es geht eher um die indirekten Inspirationsquellen, die ganz unterschiedlich sein können. Manchmal findet man ein interessantes Kleidungsstück auf dem Flohmarkt oder ein vergessenes Teil im Kleiderschrank, manchmal ist es auch einfach eine Stimmung, die durch Musik oder einen Film ausgelöst wird. Den größten Input geben eher die Dinge und Situationen die nichts konkret mit Mode zu tun haben, wie z.B. eine unkonventionelle Kameraeinstellung, eine Kunstausstellung oder Zeit mit Freunden und viel Spaß; und am meisten aber die gemeinsame Zusammenarbeit.
Was eine bestimmte Epoche angeht finden die blame-Designerinnen vor allem den New Look der 50er Jahre interessant, weil die Mode zu dieser Zeit sehr auf Bequemlichkeit und Alltagstauglichkeit ausgerichtet war und gleichzeitig einen gewissen modernen und zeitlosen Schick hatte. Same as blame…
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